Es kommt Bewegung in die “Akte Amazon” (Update)

Heute morgen berichtet überraschend Reuters, dass das deutsche Bundeskartellamt eine Vereinbarung mit Amazon geschloßen hat. Inzwischen hat auch das Bundeskartellamt eine Pressemitteilung herausgegeben.

Im November 2018 eröffnete das Bundeskartellamt ein Verfahren gegen Amazon Deutschland. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte damals zur Eröffnung: Viele Händler und Hersteller sind beim Online-Vertrieb auf die Reichweite des Amazon Marktplatzes angewiesen. Amazon fungiert so als eine Art „gatekeeper“ gegenüber den Kunden. Die Doppelrolle als größter Händler und größter Markplatz birgt das Potential für Behinderungen von anderen Händlern auf der Plattform. Aufgrund der vielen uns vorliegenden Beschwerden werden wir prüfen, ob Amazon seine Marktposition zu Lasten der auf dem Marktplatz tätigen Händler ausnutzt. Die Geschäftsbedingungen und Verhaltensweisen von Amazon gegenüber den Händlern werden damit umfassend auf den Prüfstand gestellt.

Gegen Amazon lief zu diesem Zeitpunkt bereits eine wettbewerbsrechtliche Prüfung bei der EU-Kommission und es folgten Prüfungen durch das Kartellamt in Österreich und Luxemburg sowie der Monopolkommission in Deutschland. Alles in allem gesagt gab es aus vielen Seiten wettbewerbsprüfende Verfahren.

 

Forderungen des BVOH gegen Amazon

Auch der Bundesverband Onlinehandel e.V. (BVOH) war mit Amazon im Gespräch, um die Geschäftsbeziehung der Händler auf Amazon zu verbessern. Im Januar 2019 sendete der BVOH einen Brief an die Geschäftsleitung mit der Forderung zur “Herstellung des rechtssicheren Verkaufens auf Amazon”. Am 25. März wurde gegenüber der Geschäftsführung und der Rechtsabteilung die Forderungen im persönlich in München vorgetragen.

 

BVOH bei AmazonPräsident Oliver Prothmann und Beauftragter für die Geschäftsführung RA Wolfgang Wentzel vor der Zentrale von Amazon in München.

 

Auszug aus dem Schreiben: “Es ist unsere Verantwortung als Bundesverband Onlinehandel e.V., darauf hinzuwirken, dass rechtssichere Verhältnisse für alle deutschen Onlineverkäufer, auch auf den Plattformen und insbesondere bei Amazon bestehen. Es kann schlechterdings nicht angehen, das rechtliche Auseinandersetzungen weiterhin allein auf Kosten und auf Kosten der Existenz deutscher Onlinehändler geführt werden (Abmahnung, Vertragsstrafe, Ordnungsgeld, Ordnungshaft, Verfahrenskosten), deren Ursachen sich aber weithin ausschließlich im Verantwortungsbereich von Amazon befinden.
Weil Datenhoheit und -beherrschbarkeit im Wesentlichen ausschließlich bei Amazon selbst liegen, wohingegen die Verantwortlichkeit für diese Daten durch die Amazon-AGB in nicht hilfreicher Verbindung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausnahmslos auf die Händler abgewälzt werden. Verschärfend kommt hinzu, dass die Rechtsprechung bereits dazu übergeht, es nicht mehr genügen zu lassen, dass der Verkäufer in Befolgung seiner Überwachungs- und Prüfpflichten die Angebote, auf denen er listet, in bestimmten Intervallen überprüft, sondern darüberhinausgehend eine Vermeidepflicht annimmt, die nicht erst in der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes bestehen soll, sondern bereits in der Verhinderung seines Entstehens.

Wir fordern Sie daher,
namens und im Auftrag aller deutschen Onlinehändler,
zur Behebung dieser Mängel und Probleme auf,
soweit sie die Funktionalität von Amazon betreffen.”

Bis heute prüft Amazon intern unsere Forderungen und Lösungsvorschläge.

 

Verfahren gegen Amazon bei der EU-Kommission gestartet

Richtig Bewegung in die “Akte Amazon” ist aber gestern gekommen, als Bloomberg berichtete, dass die EU Wettbewerbskommission unter Frau Margrethe Vestager ein offizielles Verfahren gegen Amazon starten wird. Das bedeutet, dass die im November gestartete Überprüfung von Amazon zu dem Resultat gekommen ist, dass es ein wettbewerbswidriges Verhalten seitens Amazon gegenüber den Händlern gibt. Der BVOH wird natürlich weiterhin mit der EU-Kommission eng zusammenarbeiten.

 

Neues Gesetz zur Geschäftsbeziehung zwischen Plattformen wie Amazon und Händlern

Über 2 Jahre hat die EU-Kommission an einer P2B-Regulierung (Platform 2 Business) zu der Geschäftsbeziehung zwischen “Online-Vermittlungsdiensten” also Plattformen und Marktplätzen wie zB Amazon und deren Geschäftspartnern, also Händler gearbeitet. Oliver Prothmann, der Präsident des BVOH war einer der ersten Personen, mit denen die EU-Kommission über dieses Vorhaben gesprochen hat. Im Laufe der Zeit wurden etliche Workshops und Termine in Brüssel abgehalten, um herauszufinden, welche Themen in der Geschäftsbeziehung reguliert werden sollten. Der BVOH hat an diesen Workshops mit Händlern und Mitarbeitern teilgenommen.

Diese “VERORDNUNG (EU) 2019/1150 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online- Vermittlungsdiensten” wurde vor kurzem im Amtsblatt veröffentlicht und wird am 20. Juni 2020 offiziell in Kraft treten und ist Europaweit einheitlich.

Diese Verordnung regelt insbesondere die Themen

  • AGB
  • Kontosperrungen
  • Beschwerdemöglichkeiten und interne Beschwerdemanagementsystem
  • Transparenz über Rankingparameter
  • Zugang zu Daten
  • Klageeinreichung durch Verbände
  • Gerichtsstand

 

Aber was bedeutet die Vereinbarung zwischen dem Bundeskartellamt und Amazon?

Die Vereinbarung hat auf jeden Fall dazu geführt, dass Amazon wesentlich schneller Dinge im Geschäftsverhältnis zu den Händlern ändert. Auf Basis der sogenannten P2B Regulierung (s.o.) hätte Amazon einige Dinge sowieso bis Juli 2020 anpassen müssen. Diese hat Amazon nun zugesagt vorzuziehen.

Über die P2B Regulierung hinaus gehen die neuen Haftungsregelungen und der Umgang mit Retouren.

 

Neue AGB von Amazon

Hier findet man die neue AGB von Amazon: AMAZON SERVICES EUROPE BUSINESS SOLUTIONS VERTRAG gültig ab 16. August 2019

 

BVOH an allen Verfahren beteiligt

Der BVOH war von Anfang an bei allen Verfahren beteiligt. Sowohl die neue P2B Regulierung wurde tatkräftig unterstützt und mitformuliert. Zuletzt war der BVOH beim Bundeswirtschaftsministerium zur finalen besprechung der deutschen Version der EU-Regulierung.

Auch das Bundeskartellamt und die EU-Kommission haben den BVOH um Mitwirkung bei den Verfahren gegen Amazon gebeten. Auch hier haben wir mit Wissen und mit Zahlen unterstützt.

Nur so können Veränderungen herbeigeführt werden. Es lohnt sich im BVOH aktiv zu sein, weil dadurch auch Veränderungen passieren!

Werde jetzt Mitglied und unterstütze die Arbeit des BVOH: http://www.bvoh.de/mitglied-werden/

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