EU-Kommission fordert Widerruf der Marktplatzhaftung – Erhält Frau Merkel eine Abmahnung?

Ca. ein Jahr nach Beschluß der sogenannten Marktplatzhaftung durch die deutsche Regierung kommt von der EU-Kommission ein Aufforderungsschreiben. In den monatlichen Vertragsverletzungsverfahren im Oktober wurde die Bundesregierung unmissverständlich aufgefordert, die inzwischen in Kraft getretene Marktplatzhaftung wieder rückgängig zu machen. Hier der Wortlaut aus den Beschlüssen, veröffentlicht am 10. Oktober (https://europa.eu/rapid/press-release_INF-19-5950_de.htm):

 

Steuern: Kommission fordert von DEUTSCHLAND Widerruf der jüngsten Gesetzesänderungen zulasten europäischer Unternehmen, die online Waren an deutsche Verbraucher verkaufen

Die Kommission hat heute beschlossen, im Zusammenhang mit dem Fernverkauf von Waren über digitale Marktplätze ein Aufforderungsschreiben an Deutschland zu richten, das diesbezüglich jüngst Gesetzesänderungen erlassen hat. Seit dem 1. Oktober 2019 haftet gemäß dem deutschen Recht ein Marktplatz gesamtschuldnerisch für die Mehrwertsteuer auf Waren, die von europäischen Unternehmen über die Plattform verkauft werden, wenn sie von Deutschland aus verbracht oder dorthin geliefert werden. Der Marktplatz kann die Haftung nur dann vermeiden, wenn er eine Bescheinigung auf Papier vorlegen kann, die dem auf seiner Plattform tätigen Verkäufer von der deutschen Steuerbehörde ausgestellt wurde. Diese Verpflichtung ist nach Auffassung der Kommission ineffizient und unverhältnismäßig und behindert außerdem den Zugang europäischer Unternehmen zum deutschen Markt, was einen Verstoß gegen das EU-Recht darstellt. Darüber hinaus haben sich die EU-Mitgliedstaaten bereits auf gemeinsame und effizientere Maßnahmen zur Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug geeinigt, die am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Die den Betreibern digitaler Marktplätze zur Vermeidung der gesamtschuldnerischen Haftung auferlegte Verpflichtung geht über das in den EU-Vorschriften vorgesehene Maß hinaus und steht im Widerspruch zu den Zielen der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt. Schafft Deutschland nicht binnen zwei Monaten Abhilfe, kann die Kommission den deutschen Behörden in dieser Sache eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermitteln.

 

Maßnahmen zur Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug

Die angesprochenen Maßnahmen zur Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug bedeuten, dass laut EU-Recht zum 1. Januar 2021 alle großen Online-Marktplätze die auf der Plattform entstehenden Mehrwertsteuerbeträge von Drittland-Händlern (Händler ausserhalb der EU) direkt an das Finanzamt abführen muss und nicht dem Händler auszuzahlen sind, der sie dann abführt (gilt das dann auch für Händler aus der Großbrittanien nach dem Brexit?).

Weitere Infos hierzu:

 

BVOH hat bereits während der Erarbeitung der Marktplatzhaftung auf die Unverhältnismäßigkeit hingewiesen

Bei diversen Anhörungen und Terminen zur Ausarbeitung der Marktplatzhaftung in 2018 hat der BVOH darauf hingewiesen, dass das Problem der fehlenden Mehrwertsteuerabführung nahezu ausschliesslich Händler aus Dritthändler betrifft. Die Bundesregierung verwies immer auf eine Gleichstellung aller Händler und hat auch alle EU-Händler mit eingebunden. Dies beanstandet die EU-Kommission jetzt (s.o.).

 

Kommentar

Doch was passiert nun? Die EU-Kommission droht mit einem Brief! Achtung, Frau Merkel, ein Blauer Brief der EU-Kommission kommt.

Was soviel bedeutet wie abwarten und hinlegen. Alles nicht so schlimm.

 

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