Landgericht Frankfurt untersagt Parfüm-Hersteller Coty selektive Vertriebssysteme

Weiteres Urteil bestätigt wettbewerbswidriges Verhalten von Herstellern und Markenanbietern

Berlin, 12. September 2014 – Das Landgericht Frankfurt am Main hat nach dem Rucksackhersteller Deuter nun auch dem Parfumhersteller Coty untersagt, die Belieferung einer Parfümerie davon abhängig zu machen, dass diese die Waren nicht über eine bestimmte offene Handelsplattform vertreibt. Dabei hat das Landgericht die Auffassung vertreten, dass der Coty Internet-Vertriebsvertrag, soweit er zum Ausschluss von Internet-Plattformen wie Amazon führt, gegen das Kartellverbot verstoße (AZ 2-03 O 128/13). Zum ersten Mal ist nun vom Landgericht nach Taschen, Technik und Sport auch eine selektive Vertriebsklausel im Segment Kosmetik und Parfum untersagt worden. Die Coty GmbH ist Lizenznehmer der Marken adidas, Davidoff, Lancaster, Playboy etc.. „Das ist ein wichtiger Schritt, bestätigt das Landgericht Frankfurt/Main doch unsere Auffassung, dass es in keiner Branche, in keinem Segment eine Beschränkung des Online-Handels geben darf“, sagt Oliver Prothmann, Präsident des Bundesverbands Onlinehandel (BVOH). Bislang hatten sich die Entscheidungen des Kammergerichts Berlin, des Oberlandesgerichts Schleswig sowie schon einmal des Landgerichts Frankfurt nur auf bestimmte Branchen beschränkt. „Auch dieses Urteil lässt uns optimistisch in die Zukunft schauen, doch der Kampf geht weiter, denn die Urteile sind noch nicht wirklich rechtskräftig. So hat Deuter erst kürzlich Berufung eingelegt“, sagt Oliver Prothmann. Auch das Bundeskartellamt in Bonn hatte in jüngster Zeit in seinen Ermittlungen gegen adidas und Asics pro Online-Handel votiert.

Frankfurter Richter folgen mit dem Urteil der Auffassung des EuGH

Das Landgericht Frankfurt folgte in seiner Entscheidungsbegründung der Auffassung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 13.10.2011 in Sachen Pierre Fabre. Damals be-fand das höchste europäische Gericht, dass der Luxuscharakter der Produkte und das Ziel der Aufrechterhaltung eines prestigeträchtigen Markenimages die Einführung eines Selek-tivvertriebs nicht rechtfertigen könne. Mit dieser Entscheidung auch in einer anderen Branche hat das Landgericht Frankfurt einen weiteren Stolperstein auf dem Weg zu einem beschränkungsfreien Online-Handel beseitigt. „Auf Basis dieses Urteils werden wir mit un-seren Mitgliedern weitere Schritte gegen Beschränkungen des Online-Handels und insbe-sondere von existenzbedrohenden Plattform-Verboten besprechen und auf unserem ‚Tag des Onlinehandels‘ am 10. Oktober weiter Schritte gegen Hersteller in allen Branchen planen“, sagt Oliver Prothmann. (Übersicht aller Urteile: http://www.choice-in-ecommerce.org/worum-geht-es/aktuelle-gerichtsurteile/)

Beschränkungen – Worum geht es?

2012 lag der Umsatz aller online gehandelten Produkte und Dienstleistungen in Europa bei 311,6 Milliarden Euro. Schätzungen zufolge entstanden durch den Online-Handel in Europa bis zu zwei Millionen Arbeitsplätze. Einseitige Verkaufsverbote durch einzelne Hersteller bedrohen diesen Erfolg, indem sie Händler von ihrem oft wichtigsten Verkaufskanal abschneiden und ihnen damit die Möglichkeit nehmen, preisgünstige und beliebte Online-Plattformen in einem wettbewerbsorientierten Markt zum Vorteil der Kunden zu nutzen. Verbrauchern nimmt man so den Zugang zu transparenten Preisen und der zusätzlichen Auswahl, von der sie im Online-Handel profitieren.

Über Choice in eCommerce

Choice in eCommerce ist eine im April 2013 von Oliver Prothmann gegründete Initiative von Online-Händlern und eine Projekt des BVOH. BVOH-Präsident Prothmann, Gründer des Geschäftsanalyse Tools chartixx, ist seit Jahren eng mit der Online-Handels-Community verknüpft und ist Experte für Handel auf Online-Marktplätzen. Seit zwei Jahren beobachten Prothmann und viele Mitglieder der Händler-Community mit wachsender Sorge die negativen Auswirkungen von Plattformverboten, die besonders kleine und mittelgroße Verkäufer treffen.

Über den BVOH
Der Bundesverband Onlinehandel e.V. (BVOH) versteht sich seit 2006 als Interessenvertreter der Unternehmerinnen und Unternehmer, wie auch der Verbraucherinnen und Verbraucher im Online-Handel. Ein weiteres wichtiges Ziel des BVOH ist die Steigerung der Akzeptanz und der Sicherheit im Online-Handel durch Einführung einheitlicher Standards.
Der BVOH ist die starke Stimme der am Internethandel Beteiligten: Verbraucher, Unternehmer, Zulieferer, Ausrüster, Plattformen und Onlinemarktplätze.

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