Der Gesetzentwurf nimmt die Betreiber von elektronischen Marktplätzen – also Amazon, eBay und Co. – unter bestimmten Umständen für in Deutschland entstandene und nicht abgeführte Umsatzsteuer in die Haftung.
Zusätzlich werden die Betreiber von elektronischen Marktplätzen über sie abgewickelte Transaktionen nach bestimmten Kriterien aufzeichnen und auf Anfrage den Finanzbehörden übermitteln müssen.
Roger Gothmann, Geschäftsführer Taxdoo GmbH und Steuerexperte hier beim Vortrag auf dem Tag des Onlinehandels 2017
Der § 25e Abs. 6 UStG n. F.[1] definiert einen Betreiber als jemanden, der einen elektronischen Marktplatz unterhält und es Dritten – also Marktplatzhändlern – ermöglicht, auf diesem Marktplatz Umsätze zu erzielen.
Das Gesetz betrifft alle Händler, die steuerbare Umsätze über Marktplätze im Inland – also in Deutschland – erzielen. Also sowohl Händler mit Sitz in Deutschland, als auch der EU oder im Ausland.
Der Gesetzentwurf allein stellt sicher kein Allheilmittel dar. Es ist aber davon auszugehen, dass die Marktplätze insbesondere Händler aus Drittländern, auf die der Gesetzesvorschlag vornehmlich abzielt, sperren werden, wenn sie keine steuerliche Registrierung in Deutschland nachweisen können.
Der Gesetzentwurf unterscheidet an den meisten Stellen nicht zwischen der sog. Ansässigkeit eines Händlers.
Alle diese Händler werden in Zukunft den Betreibern von Marktplätzen eine Bescheinigung ihres Finanzamtes vorlegen müssen. Darin bestätigt das Finanzamt, dass dieser Händler seinen steuerlichen Pflichten bislang und voraussichtlich auch zukünftig immer vollumfänglich nachkommt. Letztendlich stellt das eine Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das Finanzamt dar.
Händler aus Drittländern – etwa China – erhalten diese Bescheinigung von bestimmten bundesweit zuständigen Finanzämtern nur, wenn sie einen Empfangsbevollmächtigten im Inland bestellen.
Das wird nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs im Ermessen des zuständigen Finanzamtes liegen, das die Bescheinigung ausstellt. Diese Bescheinigung muss aber befristet sein – für maximal drei Jahre.
Die Betreiber von Marktplätzen stehen vor großen Herausforderungen. Sie müssen sämtliche Lieferungen jedes Händlers, welche in Deutschland beginnen oder enden, aufzeichnen und auf Anfrage an die Finanzbehörden übermitteln.
Besteht für diese Transaktionen eine Umsatzsteuerpflicht in Deutschland und wurde die Umsatzsteuer nicht abgeführt, kann der Betreiber eines Marktplatzes in Haftung genommen werden.
Das kann der Betreiber nur abwehren, wenn er bei der gebotenen Sorgfaltspflicht davon ausgehen musste, dass der Händler seinen steuerlichen Pflichten nachkommt. Das kann er praktisch nur, wenn ihm das für den Händler zuständige Finanzamt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt hat.
Fast! Das Finanzamt darf den Marktplatz erst dann für entstandene und nicht abgeführte Umsatzsteuer in Haftung nehmen, wenn es den Einzug bzw. die Vollstreckung erfolglos beim Händler versucht hat – oder, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass dies beim Händler erfolglos sein wird.
Einzig bei Händlern aus Drittländern – etwa China – kann das Finanzamt den Betreiber ohne den genannten Zwischenschritt in Haftung nehmen.
Grundsätzlich hat der Marktplatz-Betreiber laut Gesetzentwurf auch andere Möglichkeiten, nachzuweisen, dass er nichts von der Steuerunehrlichkeit des Händlers wissen konnte. Allerdings sind diese nicht eindeutig definiert und stellen somit ein erhebliches Risiko für den Betreiber dar.
Für diese Marktplätze gelten die Haftungsregeln ebenfalls. Allerdings wird die Vollstreckung gegen die Betreiber dieser Marktplätze schwierig, wenn es kein Amtshilfeabkommen mit dem Sitzstaat gibt. Insofern kann das schon zu einer Wettbewerbsverzerrung führen.
Die Betreiber müssen auch die Transaktionen von Händlern dokumentieren, welche sich nicht als Unternehmer auf dem Marktplatz angemeldet haben und auf Anfrage an die Finanzbehörden übermitteln . Stellt das Finanzamt – etwa nach Abfrage dieser Daten – fest, dass eine Umsatzsteuersteuerpflicht besteht und hat diese Forderung erfolglos beim Händler vollstreckt, dann kann die Haftung des Betreibers greifen. Sie kommt dann zur Anwendung, wenn anhand von Art, Menge und der Höhe davon auszugehen war, dass der Händler als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes tätig war.
Das ist in der Tat ein Problem. Es gibt keine klare Definition, ab welcher Menge, Art oder Höhe der Umsätze ein vermeintlich privater Händler der Umsatzsteuerpflicht unterliegt. Das ist immer von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Plattformen wie etwa eBay oder eBay-Kleinzeigen, über welche sehr viele Privatpersonen gebrauchte und neue Gegenstände verkaufen, stehen hier einem unkalkulierbaren Risiko gegenüber.
Die Marktplätze müssten etwa die Adresse der/des Lager/s der Händler erfassen und den Eigenversandslieferungen zuordnen können. Für Privatpersonen muss das Geburtsdatum erfasst werden. Und natürlich müssen alle Firmennamen und Adressen stimmen und nicht zuletzt die Steuer-ID hinterlegt sein, damit eine Zuordnung der Unbedenklichkeitsbescheide möglich ist.
Bedingt, denn die Bemessungsgrundlagen müssen die Finanzbehörden zunächst weiterhin ermitteln und festsetzen. Auch müssen sie – zumindest bei Händlern mit Sitz in der EU – versuchen, die Umsatzsteuer immer zuerst beim Händler zu vollstrecken.
Allerdings überträgt der Gesetzgeber im Bereich Onlinehandel nun einen großen Teil der Verantwortung bzw. der Steuerpflichten auf Dritte – die Betreiber von Marktplätzen.
Ich gehe von einer Verabschiedung im dritten oder vierten Quartal 2018 aus.
Zuständig sind die Heimat-Finanzämter der Händler. Insofern verteilt sich der Arbeitsanfall zum Glück etwas. Bei Händlern aus China zum Beispiel ist allerdings bundesweit das Finanzamt Berlin-Neukölln zuständig. Hier könnte es sicher zu einem Stau der Anträge kommen.
Es gibt sie in ähnlicher Form für andere steuerliche Zwecke – aber noch nicht für diesen Bereich. Auch sollten sich die Bundesländer noch auf einheitliche Kriterien festlegen, in welchen Fällen eine solche Bescheinigung ausgestellt wird – und in welchen Fällen nicht.
Ansonsten kann es passieren, dass das eine Finanzamt einem Händler, der vielleicht zweimal in Folge seine Umsatzsteuer-Voranmeldung verspätet abgegeben hat, keine Bescheinigung ausstellt, während ein anderes Finanzamt das ohne Weiteres macht.
Das ist schwer abzuschätzen. Der zuständige Finanzbeamte muss sich zuerst ein Bild über den Steuerpflichtigen machen: Kommt dieser seinen Steuerpflichten immer vollständig nach und ist damit auch in Zukunft zu rechnen? Dafür gibt es meines Wissens noch keinen automatisierten Prozess bei den Finanzbehörden. Insofern können schon ein paar Wochen ins Land ziehen, bevor der Händler seine Bescheinigung erhält.
Davon gehe ich nicht aus. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass es ab dem 01.01.2019 eine zeitlich befristete Übergangsregelung geben wird, in welcher die Marktplätze bei fehlender Bescheinigung noch nicht in Haftung genommen werden.
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Bundesfinanzverwaltung aufgrund eines Gesetzentwurfes, der noch nicht einmal offiziell verabschiedet ist, bereits die erforderliche IT-Infrastruktur aufbaut. Im Gesetzentwurf steht daher auch (§ 27 Abs. 25 UStG n.F.), dass das Bundesfinanzministerium noch gesondert über den Beginn des elektronischen Verfahrens unterrichten wird.
Ja, es wird unmittelbar kein elektronisches Verfahren geben (siehe oben). So drastisch, dass es mindestens einen Monat keinen Onlinehandel geben wird, würde ich es aber nicht sehen. Angesichts der Konsequenzen bzw. der negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen sollte es hier eine Übergangsfrist geben.
Kampf gegen Steuerbetrug im Onlinehandel
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/JStG-2018/0-Gesetz.html
[1] Umsatzsteuergesetz neue Fassung