Temu funktioniert in erster Linie dadurch, dass die chinesischen Hersteller ihre Waren direkt über die Plattform Temu an Endverbraucher verkaufen. Wer bei Temu seine Waren verkaufen will, gibt sich der Preisgestaltung von Temu hin. Temu agiert – wie Amazon auch – mit einem „wettbewerbsfähigen Preis“, d.h. will darüber seine Händler zwingen, bei Temu den günstigsten Preis im Markt anzulegen. Das ist den Onboarding-Unterlagen zu entnehmen.
Temu führt aktuell in Deutschland eine neue Marketingstrategie ein und testet dabei neue Werbeaussagen im deutschen Markt. Seit Kurzem erscheinen über Google Ads neue Anzeigenformate, die Produkte prominent in den Vordergrund rücken. Ein besonders auffälliger Slogan lautet: „TEMU 0€ FINDS“, kombiniert mit einer deutschen Produktbeschreibung. Es werden aktuell identische Werbeanzeigen und Werbevideos ausgespielt – jeweils mit und ohne den neuen Slogan. Ziel scheint es zu sein, die Performance dieser Slogans zu evaluieren.
In Video-Anzeigen, die kostenlose Produkte für Neukunden bewerben, werden die folgenden Slogans getestet: „Hör auf, Zwischenhändler zu bezahlen. Bei Temu gibt es den fairen Preis.“ oder „Zwischenhändler umgehen – Verpass nicht den großen Rabatt.“
Eine Untersuchung Mitte Januar 2025 von iBusiness zeigt, dass Temus Versprechen von fairen Preisen nicht immer der Realität entspricht. Ein Vergleich mit der deutschen Plattform Billiger.de ergab, dass bei 40 von 84 identischen Produkten günstigere Alternativen auf dem deutschen Markt existieren. In vielen Fällen sind Markenartikel auf Temu sogar teurer. Das liegt vermutlich daran, dass Temu selbst den Preis und die Gewinnspanne festlegt – und nicht der Händler.
Allerdings wird es für deutsche Händler so zunehmend ungemütlich: Amazon verlangt den wettbewerbsfähigen Preis und schnell verschwindet ein Händler aus der BuyBox, wenn er zu teuer ist. Temu fordert dies ähnlich: Nur mit einem wettbewerbsfähigen Preis (dort gibt man allerdings eine Preisspanne ein und der günstigste Preis muss wettbewerbsfähig sein) kann man anbieten. Provision wird auf den Verkaufspreis gezahlt. Wenn deutsche Händler jedoch direkt mit Herstellern aus China im Preis konkurrieren sollen, wird das mehr als schwierig. Alle Händler, die „nur“ Zwischenhändler sind, werden von Temu nun aktiv und hart angegangen. Diese müssen sich gegebenenfalls auf harte Zeiten einstellen und neue Wege suchen, konkurrenzfähig zu bleiben. Wir vom BVOH setzen uns nach Kräften für deutsche Onlinehändler ein und dafür, dass die Wettbewersbedingungen fair bleiben. Wir waren mit die ersten, die auf die Gefahr in der Politik hingewiesen haben, und wir sind froh, dass Temu schnell als VLOP nach dem DSA eingestuft wurde und bereits ein Verfahren gegen Temu läuft.
Der deutsche Onlinehandel muss hier sich gemeinsam gegen diese Praktiken stemmen. Alle Onlinehändler sind herzlich eingeladen, uns zu unterstützen.