BVOH warnt: Händlern droht ein schnelles Ende – und das kurz vor Black Friday
Immer mehr im BVOH organisierte Onlinehändler berichten, dass seit gut einer Woche Amazon Gelder nicht mehr an Händler auszahlt. Auch nach wiederholter Kontaktaufnahme mit Amazon erhalten die Händler nur einen Hinweis, dass eine Technik-Panne vorliegt. Eine Lösung, wie z.B. Abschlagszahlungen etc. werden nicht angeboten.
Viele Händler haben dieses Problem erst auf die Zeitumstellung oder den Feiertag zurückgeführt. Allerdings scheint das nicht zuzutreffen, denn laut Seller-Forum stehen Amazon-Händler offensichtlich auch in Großbritannien vor der selben Problematik.
Auch die Kommunikation seitens Amazon wird kritisiert. Normalerweise kommuniziert Amazon mit den Händlern über das „Seller Central Portal“. Doch an dieser Stelle sind bislang keine entsprechenden Informationen veröffentlicht worden.
Auch wenn der Fall geklärt sei und das Geld wie in der Vergangenheit ausgezahlt werden könnte, passierte auch nach der Geldanforderung nichts. Stattdessen weist das System dem Händler einen „Status in Bearbeitung“ aus. Trotzdem fordert Amazon die Händler aber auf, Ware weiter rauszuschicken. Die Ware soll ja bei Amazon jederzeit verfügbar sein, und für den Verbraucher rund um die Uhr verfügbar sein.
Amazon hat kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber Verkäufer – BVOH fordert schnelle Lösung
Wolfgang Wentzel, Justitiar des Bundesverband Onlinehandel e.V. (BVOH) beschreibt die aktuelle rechtliche Situation so:
„Amazon hat kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Verkäufer, so lange und so weit der Verkäufer seine Verpflichtungen gegenüber Amazon und dem Endkunden erfüllt (§ 273 Abs. 1 BGB). Wird ein Zurückbehaltungsrecht grundlos und noch dazu von einem wirtschaftlich Überlegenen gegenüber einem von ihm Abhängigen ausgeübt, kann darin ein rechtswidriger Eingriff in die Rechtsposition des Händlers gesehen werden, die dieser nicht hinnehmen muss. Amazon muss auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen seiner gewerblichen Verkäufer Rücksicht zu nehmen (vgl. § 241 Abs. 2 BGB). Die Freigabe einer Abschlagszahlung und die proaktive Kommunikation des Problems gegenüber dem Verkäufer sind das Minimum dessen, was von Amazon verlangt werden kann, selbstverständlich neben dem ernsthaften Bemühen um die sofortige Abstellung des rechtlich unhaltbaren Zustands.“
Der BVOH fordert Amazon auf, eine schnelle Lösung herbeizuführen, bevor Existenzen gefährdet werden.
Aktuell werden Onlinehändler von Amazon noch mit Mails wie diesen hingehalten: „Guten Tag lieber Händler, ich danke Ihnen, dass Sie sich für Ihre Anfrage an mich wenden. Sie haben sich an uns gewandt, da die manuelle Auszahlung zur Zeit nicht möglich ist. Es handelt sich um ein technisches Problem, welches derzeit unter Hochdruck bearbeitet wird, da uns bewusst ist, dass es sich um Ihr Guthaben handelt. Wir entschuldigen uns dafür, dass nicht schon jetzt alles genau so funktioniert, wie Sie es sich vorstellen. Sollten noch Punkte zu unserem Anliegen offen sein, können Sie gerne auf diesen Fall antworten. Dann suchen wir gemeinsam weiter nach einer zufriedenstellenden Lösung.“
Der Verkaufsprozess bei Amazon sieht in der Regel so aus
Der Verbraucher hat Ware über Amazon gekauft und bezahlt. Amazon erhält dann das Geld und hält es zurück. Händler müssen manuell die Auszahlung der Beträge anstossen. Dies kann täglich erfolgen. Aktuell zahlt Amazon das Geld NICHT bzw. sehr unregelmäßig an den Verkäufer aus. Teilweise warten Händler auf mehrere hunderttausend Euro. Die Ware ist jedoch schon längst in den Händen von Verbrauchern.
Vielmehr hat Amazon in der Vergangenheit vermehrt Kontoüberprüfungen durchgeführt und Konten von Händlern eingefroren. Ein in der Branche bekanntes gängiges Druckinstrument des Online-Marktplatzes, wenn ein Händler seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Der Händler soll dazu bewegt, schnell wieder korrekt zu agieren. Ist ein Konto eingefroren, kann der Händler seine Einnahmen von über Amazon generierten Verkäufen nicht abrufen.
Update der Pressemitteilung
Die oben aufgezeigte Pressemitteilung vom 7. November 2017 ist am 8. November 2017 aktualisiert worden. Wir bedauern die fehlerhaften Aussagen. Für Fehlinterpretationen seitens der Medien übernehmen wir keine Verantwortung.
Folgende Punkte sind in dieser Pressemitteilung klargestellt worden:
Die vorher genannte Auszahlungsgrenze von ca 50.000 € existiert nicht mehr bei Amazon.
Der Prozess der Kontoüberprüfungen hat keinen Zusammenhang mit den Auszahlungsproblemen und soll nur zeigen, dass Amazon Möglichkeiten hat, eigene Interessen gegenüber den Händlern durchzusetzen, aber die Händler keine Möglichkeiten gegenüber Amazon haben.