Steuerbetrug durch ausländische Händler gefährdet Wettbewerb
Die Finanzministerien in Deutschland beraten über den Steuerbetrug im Onlinehandel durch Händler aus sogenannten Dritt-Staaten außerhalb Europas, hier insbesondere China. Sowohl die Mitglieder des BVOH als auch viele andere Onlinehändler werden durch Chinahändler im Wettbewerb stark behindert, weil diese keine Mehrwertsteuer an den Staat abführen und damit die Produkte min 19% günstiger anbieten als deutsche oder europäische Händler. Die Rechtslage ist, dass man Waren in Deutschland, die aus Deutschland geliefert werden, nicht ohne Mehrwertsteuer anbieten darf. Gerade auf Marktplätzen bieten inzwischen tausende „Chinahändler“ die Waren über z.B. die Fulfilment-Center von Amazon (FBA) wesentlich günstiger an. Der Bundesverband Onlinehandel fordert seit längerem eine schnelle Lösung seitens der Marktplätze, Behörden und der Politik in Berlin und Brüssel.
Bereits heute ist es z.B. aus Amazon nahezu unmöglich Elektronikzubehör wie Smartphonekabel von deutschen oder europäischen Händlern zu kaufen. Wenn man sich als Käufer die Mühe macht und die Daten zum Händler anschaut, wird man erkennen, dass es fast ausschließlich chinesische Händler sind. Wenn man von diesen Händlern eine Rechnung zum Kauf einfordert, zeigt die Erfahrung, dass diese die Mehrwertsteuer nicht ausweisst, obwohl man über eine Plattform wie Amazon nicht ohne Mwst. einkaufen kann. Bei Rückfrage an den Amazon-Support kommt alleinig der Hinweis, dass man sich an den Händler wenden soll.
Digitale EU Binnenmarktstrategie: Förderung oder Belastung der deutschen KMU im Onlinehandel?
Am 23. November 2017 wurde beim Politischen Lunch des BVOH über „Digitale EU Binnenmarktstrategie: Förderung oder Belastung der deutschen KMU im Onlinehandel?“ mit Vertretern der Politik und Verbänden über dieses und andere Themen diskutiert.
„Die aktuellen Mehrwertsteuerregelungen werden von den meisten Händlern als Belastung empfunden“, sagt Colette Hercher, Abteilungsleiterin Zoll, Umsatzsteuer, Verbrauchsteuern im Bundesministerium für Finanzen. Aber sie machte den anwesenden Online-Händlerinnen und -Händlern Hoffnung: Im Einvernehmen mit der EU-Kommission soll eine Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen hergestellt werden. Auch die Vorschläge des BVOH seien wichtig und würden ihre Berücksichtigung finden. Colette Hercher glaubt auch, dass neue Regelungen alle Beteiligten weiterbringen werden. Wichtig sei dabei aber, dass alles administrierbar bleiben muss. Der Staat muss handlungsfähig bleiben. Das wird zunehmend schwieriger, stellte auch der SPD-Politiker Lothar Binding MdB fest, denn die technischen Entwicklungen erfolgten immer schneller und Politik müsse dran bleiben. Hier ist vor allem die Rückkoppelung mit der Basis wichtig. So sei der Input des BVOH sehr interessant. Man werde insbesondere die Handlungskette im Onlinehandel einmal mit dem BVOH unter die Lupe nehmen. Damit rennt der Politiker bei BVOH-Präsident Oliver Prothmann offene Türen ein. „Wichtig ist für uns, dass wir mit den Verantwortlichen in der Politik im Gespräch sein und ihnen die besondere Sicht der kleinen und mittleren Unternehmen deutlich machen. Denn sie sind besonders gefährdet“, sagt Oliver Prothmann. Immerhin ist das Thema Onlinehandel kein Fremdwort für die Politikerinnen und Politiker in Berlin und Brüssel. Die digitale Binnenmarktstrategie der EU und die digitale Agenda der Bundesregierung haben das Ziel formuliert, die Digitalisierung der Wirtschaft zu fördern und nachhaltige politische Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Digitalwirtschaft im globalen Wettbewerb bestehen kann. Eine besondere Aufmerksamkeit soll dabei dem Mittelstand gelten.
Der BVOH sieht sich dabei als Interessenverband der kleinen und mittelständischen (KMU) Online- und Multichannel- Händler. „Unser Hauptanliegen liegt darin, den digitalen Binnenmarkt für diese Händler leichter bespielbar zu machen. Doch nicht immer wirken sich neue politische Vorhaben für KMU vorteilhaft aus“, sagt Jost Vielhaber, BVOH-Beauftragter des Vorstands für politische Angelegenheiten.
So kann schon in Kürze der Europäische Rat über eine Mehrwertsteuerreform entscheiden, die zwar eine Modernisierung des EU-weiten Mehrwertsteuersystems beabsichtigt, in der jetzigen Form aber kleine und mittelständische Onlinehändler vom Binnenmarkt fernhalten würde.
Forderungen des BVOH zum sofortigen Kampf gegen Steuerbetrug
Im Rahmen des politischen Lunches diskutierte der BVOH mit politischen Vertretern, Handelsunternehmen und Fachexperten in einer spannenden Diskussionsrunde während eines Lunch im Restaurant Paris-Moskau, Berlin. Jost Vielhaber machte auch noch einmal deutlich, dass Onlinehandel nicht nur Amazon sei. Allein in Deutschland gebe es 80 Marktplätze. Würde sich die Politik nur an Amazon ausrichten, so fänden internationale Händler schnell andere Wege. Oliver Prothmann wies im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer auf das bewährte System der Abmahnung hin. So würde sich der Wettbewerb zumindest in Deutschland gegenseitig kontrollieren. Dieses System funktioniere allerdings nur im Inland und nicht etwa auch in Richtung China. Für die KMU sei nur eins wichtig, dass schnell etwas passiere, denn bis 2021 zur geplanten Einführung werden einige nicht mehr durchhalten.
„Die aktuell diskutierte Lösung, indem die Marktplätze die Steuern insbesondere der ausländischen Händler direkt an die Finanzämter abführen, ist nur ein Pflaster auf die Wunde aber keine Heilung für das Problem. Die Händler werden einen neuen Weg finden, wie z.B. eigene Online-Shops öffnen und dann über Preissuchmaschinen die Waren bewerben. Dafür hilft die Lösung nichts“, fasst Oliver Prothmann die Situation zusammen. Daher fordert der BVOH folgende umfassende Lösung auf Basis bestehender Rechtslage:
Von den Online-Marktplätzen fordert der BVOH folgende kurzfristige Umsetzung
- Einführung einer erweiterten Impressum-Pflicht für alle Händler (In- und Ausland) mit Angabe der Steuernummer in lateinischer Schrift
- Identischer Registrierungsprozess für ausländische Händler wie für deutsche Händler bei Verkauf in Deutschland
- Aufklärungspflicht an alle Händler über rechtliche Vorschriften insbesondere was Steuern und Produktsicherheit angeht.
Das Bundesministerium für Finanzen BMF muss kurzfristig folgende Dinge umsetzen
- Einrichtung einer Meldestelle zur Nennung von Steuerbetrügern durch Wettbewerber ähnlich einer Abmahnung
- Prüfung und Verfolgung von Steuersündern z.B. durch Aufforderung an die Marktplätze zur Schließung des Kontos des Händlers
- Veröffentlichung einer Online-Prüfungsstelle von europäischen Steuernummern
Forderung als PDF: BVOH-Forderung gegen Steuerbetrug
Pressemiteilung: 171130 BVOH PM Steuerforderung